Diskussion zur Organisation des Exekutivkomitees der KI

Siebenundzwanzigste Sitzung des IV. Weltkongresses der KI am 30.11.1922

BORDIGA: Ich habe um das Wort gebeten, um über den Bericht des Gen. Eberlein zur Reorganisierung des Exekutivkomitees der Internationale zu sprechen. In die Kommission berufen, bemerkte ich, daß es sich nicht bloß um die Reorganisierung des Exekutivkomitees und seiner Arbeit, sondern um die Reorganisierung der ganzen Internationale handelt. Es handelt sich um wichtige Fragen, die die tatsächliche Revision der Statuten der Internationale in bezug auf sämtliche Beziehungen zwischen den Sektionen und der Zentrale und die gesamte organisatorische Arbeit der Internationale im allgemeinen bedeuten.

Ich habe die Frage der Notwendigkeit einer Revision der Statuten der Internationale aufgeworfen. Gen. Eberlein sagte aber soeben, daß diese Angelegenheit bis zum nächsten Kongreß vertagt sei.

Ich finde den Organisationsentwurf in all seinen Teilen durchaus annehmbar. Er enthält Verfügungen, die, objektiv betrachtet, sehr wichtig sind, insofern sie darauf abzielen, die letzten Überreste der föderalistischen Organisationsmethode der alten Internationale auszumerzen.

Wenn es möglich wäre, in diesem Stadium des Kongresses die Diskussion ein wenig zu erweitern, könnte man die Frage stellen, ob all das, was zur Verwirklichung der tatsächlichen revolutionären Zentralisation erforderlich ist, mit Hilfe einer Reform des Organisationsapparates durchgeführt werden kann.

Ich habe darüber bereits in meiner Rede zum Bericht des Exekutivkomitees einige Worte gesagt. Ich will sie jetzt nicht wiederholen. Ich habe hierzu keine Zeit, ich muß jedoch neuerdings erklären, daß, wenn wir eine tatsächliche Zentralisierung, d. h. eine Synthese der spontanen Kräfte des Vortrupps der revolutionären Bewegung in den verschiedenen Ländern zustande bringen wollen, um die Disziplinskrisen aus der Welt schaffen zu können, die wir jetzt konstatieren, wir den Organisationsapparat zentralisieren, gleichzeitig aber die Kampfmethoden vereinheitlichen und alles, was sich auf das Programm und auf die Taktik bezieht, genau präzisieren müssen. Alle Gruppen und alle Genossen, die der Internationale angehören, müssen wir genau darüber aufklären, was die Verpflichtung des unbedingten Gehorsams bedeutet, die sie eingehen müssen, sobald sie in unsere Reihen eintreten.

Was die internationalen Kongresse anbelangt, so bin ich mit der Abschaffung der imperativen Mandate und der Einberufung der Landeskongresse nach den internationalen Kongressen vollständig einverstanden. Ich gebe ohne Vorbehalt zu, daß dies Maßnahmen sind, die den Prinzipien der Zentralisation entsprechen, dennoch aber bin ich der Ansicht, daß wir uns nicht darauf beschränken dürfen, zu erklären, daß im Interesse der richtigen Zentralisation die imperativen Mandate abgeschafft und die internationalen Kongresse vor den Landeskongressen abgehalten werden müssen, sondern daß über die Arbeit und die Organisation der Kongresse noch ernstere Worte gesagt werden müssen.

Wir sind bei den letzten Sitzungen des Kongresses angelangt und müssen zugeben, daß dieser Kongreß nicht in jeder Hinsicht Zufriedenstellendes geleistet hat.

Es wurden viele wichtige Fragen untersucht. Wir stehen in den letzten Tagen der Debatten und sehen, daß diese Debatten nicht besonders aktiv waren.

Wir müssen die Frage der Demissionen untersuchen. Ich stimme der Ansicht zu, daß man die Demissionen verhindern müsse. Man könnte aber auch die Regel anwenden, die wir in unserer Partei mit Erfolg angewandt haben, und nie darin besteht, daß sämtliche Demissionen unverzüglich angenommen werden und derjenige, der seine Demission gegeben hat, in den nächsten ein oder zwei Jahren seinen Platz in der Partei nicht wieder einnehmen kann. Ich glaube, daß dieses System zur erheblichen Abnahme der Zahl der Demissionen führen wird. Es ist noch eine Frage vorhanden, die ich trotz des Stadiums, in dem die Arbeiten des Kongresses sich jetzt befinden, unbedingt berühren muß: es ist dies der Vorschlag, der sich auf die zweijährige Frist zwischen den einzelnen Weltkongressen bezieht. Sollte der nächste Kongreß mit Arbeit und mit Fragen nicht so überhäuft sein, wie es dieser Kongreß war, so wäre es sehr richtig, diesen bedeutenden organisatorischen, finanziellen usw. Aufwand nicht zu wiederholen. Ich werfe jedoch die spezielle Frage des Zeitraums auf, der uns vom 5. Kongreß trennt.

Wir sind im Begriffe, Fragen von hoher Wichtigkeit an diesen nächsten Kongreß zu verweisen; wir sind im Begriffe, die Aufstellung eines neuen Planes der Kommunistischen Internationale, besser gesagt des ersten Programms der Kommunistischen Internationale, zu vertagen. Wir haben namentlich die Revision der Statuten, d. h. des organischen Bandes, das die Internationale mit ihren Sektionen verbindet, vertagt.

Wir haben nach dem Bericht der Exekutive die Frage der Taktik lange erörtert; die verschiedenen Redner, die nacheinander die Tribüne betraten, haben jedoch das große Problem der Taktik der Internationale nicht behandelt. Sie beschränkten sich darauf, einige Bemerkungen des Exekutivkomitees über die Arbeit oder über die Situation dieser oder jener Landessektion zu diskutieren, sehr wichtige Fragen jedoch - wie z. B. die Frage der Arbeiterregierung - wurden in dieser Diskussion nicht geklärt. Der Text wurde einer Kommission überwiesen, die noch zu keinen Ergebnissen gelangt ist. Die Frage ist also noch nicht geklärt, und wir werden hierzu keine Zeit mehr haben. Ich schlage nicht vor, über die Frage der Taktik von neuem eine große Debatte zu eröffnen; wenn ich aber an das Programm, an die Statuten, an die Taktik denke, finde ich den Gedanken absurd, den 5. Weltkongreß erst in zwei Jahren abzuhalten. Ich behalte mir vor, im Namen der Majorität der italienischen Delegation dem Kongreß den Vorschlag zu unterbreiten, den 5. Kongreß der Internationale in Anbetracht dessen, daß sehr wichtige Gegenstände aufgeschoben wurden, im Sommer oder im Herbst 1923 abzuhalten.

VORSITZENDER: Das Wort hat Gen. Kolarow zur Abgabe einer Erklärung.

KOLAROW (Bulgarien): Wenn Gen. Bordiga im Glauben, die Kommission habe vorgeschlagen, daß der nächste Kongreß nicht im nächsten Jahre, sondern erst im übernächsten Jahre stattfinden soll, sich dagegen gewendet hat, so beruht das auf einem Mißverständnis. Die Kommission hat in demselben Sinne beschlossen, wie es Gen. Bordiga wollte: zwar sollen in Zukunft die Weltkongresse alle zwei Jahre stattfinden, der nächste Weltkongreß muß aber unbedingt nächstes Jahr stattfinden.

BORDIGA: Ich nehme diese Aufklärung mit Freude zur Kenntnis. Das Mißverständnis wurde durch die ein wenig zu wörtliche Übersetzung der Rede des Gen. Eberlein verursacht.

Source
Author Amadeo Bordiga
n+1 Archives Typed copy Ref. DB 00000
Level of Control Null